Was heisst „züchten“? In allererster Linie ist es etwas für's Herz! Es bedeutet Freude, Freude an den
kleinen feinen Wesen, welche das Licht der Welt erblicken, unendlich schöne Momente. Es sind viele wunderbare Erlebnisse: wie sie mit geschlossenen
Augen den Weg zur Zitze suchen, wie sie alle eng aneinander und an die Mutter gepresst schlafen, wenn sie das erste Mal die Augen öffnen, wie man jeden
Tag neue Fertigkeiten und Verhaltensweisen entdeckt, wie man von den grossen, vertrauensvollen Augen beobachtet wird. Oder die ersten drolligen Gehversuche,
wenn der Kopf schon mehr möchte als die Beinchen können. Ein ganzes Buch könnte man darüber schreiben. Aber das verantwortungsvolle und von einem Zuchtziel gesteuerte Züchten von Hunden oder anderen Tieren bedeutet auch unendlich viel Arbeit, Aufopferung, schlaflose Nächte, putzen, putzen, putzen und waschen, waschen, waschen. Zuerst bedeutet es kilometerlange Stammbäume studieren, lange Reisen zu unternehmen um mögliche Zuchtpartner kennenzulernen und nochmals eine lange Reise, um zum auserwählten Zuchtpartner zu gelangen, wenn die Zeit gekommen ist, Ausstellungen und Rassetreffen besuchen, stundenlange Telefonate, hohe Kosten, von Zweifeln zerrissen sein. Und anschliessend bedeutet züchten Angst um das Muttertier zu haben, hoffen, bangen. Und dann endlich kommen die wunderschönen, berührenden Momente - oder aber eben unendliche Trauer, Frust, Verluste, auch finanzieller Art. Freud und Leid sind beim Züchten ganz ganz nah beieinander… Was heisst Rassezucht? Eigentlich müsste man meinen, Rassezucht diene dem Erhalt einer Rasse im ganzheitlichen Sinne. Das Bewahren und Pflegen des historischen Erbes. Dies umfasst das Wesen und die Arbeitstauglichkeit, welche sich in Jahrhunderten entsprechend der Lebensumstände und des Aufgabengebietes entwickelt haben ebenso wie das Aussehen und die geistige und körperliche Gesundheit. Leider entwickelt sich die Rassezucht seit Jahrzehnten in Richtung reine Championzucht (Schönheits-Champions, nicht „Wesens“-Champions) meist mit fatalen Folgen für die einzelnen Rassen. Übertriebene optische Kriterien zur Zuchtauswahl – getrieben vom Schönheitswahn – und der schlecht nachvollziehbare Wille, Champions im Stammbaum zu haben, führen oft zu übermässiger Inzucht. Inzuchtsdepression, Ahnenverlust, Krankheiten und der Verlust von ganzen ursprünglichen Verhaltensweisen sind die Folge. Übermässiger Einsatz von Champions als Deckrüden können ungeahnte Folgen haben. Hans Räber: „Eine mildere und durchaus gangbare Form der Zuchtmethoden wäre der vermehrte Einsatz aller vorhandenen, gesunden und zuchtfähigen Rüden und der Verzicht auf die Überbewertung des jeweiligen Ausstellungs- oder Leistungssiegers. Dies würde bei vielen Rassen zu einer Erweiterung des Genbestandes und somit zu einer grösseren Resistenz gegen Krankheiten führen. Über belanglose Farbfehler sollte man grosszügig hinwegsehen und vermehrt nach dem Grundsatz „Gesundheit kommt vor Schönheit“ handeln“. Von dieser Entwicklung zeugen auch die vielen Züchterseiten, welche bei wenig konkreten Informationen seitenweise Auflistungen von Champions präsentieren. Natürlich freuen wir uns auch über einen Wurf wunderschöner Welpen, aber nie werden wir dieses Ziel über die Ziele von Gesundheit, Vitalität, Arbeitsfähigkeit und einem feinen Charakter stellen. Der Versuch, Erbkrankheiten zu eliminieren, ist ein guter Weg, solange die Entwicklung der ganzen Rasse und jedes einzelnen Tieres ganzheitlich, also Körper und Wesen, nicht aus den Augen verloren wird. Die ganze Röntgerei der verschiedenen Gelenke und Analyse auf erbliche Krankheiten ist eine echte Errungenschaft in der Hundezucht – aber unsere Hunde bestehen nicht nur aus Hüftgelenken… Ein Beispiel: Beim Grossen Schweizer Sennenhund müssen allfällig vorhandene Afterkrallen entfernt werden. „Grosse“ mit Afterkrallen werden nicht zur Zucht zugelassen. Das führt dazu, dass zum Beispiel eine normal gewachsene und mit Gelenk verbundene fünfte Zehe entfernt werden muss! Erstens: hat ein "Grosser" die Veranlagung zum Vererben von fünf Zehen, wird er sie auch noch nach dem Wegoperieren haben und zweitens: ist er mit fünf Zehen ein schlechterer Hund oder weniger arbeitstauglich – oder ist er deswegen wirklich weniger schön? Kontrast dazu: Pyrenäenberghunde müssen doppelte Afterkrallen haben, sonst sind sie zur Zucht NICHT zugelassen… Jedes Wesen, ob Mensch oder Tier, welches das Licht der Welt erblickt, hat eine Menge Veranlagungen, welche es von seinen Vorfahren mitbekommt, welche es „in die Wiege gelegt“ bekommt. Das ist die Basis, das sind die Bausteine seines späteren Seins, des Körpers und des Wesens, gleich einem Backstein, aus welchem ein Haus gebaut wird. Wir versuchen, jeden einzelnen Welpen in den Eigenschaften zu fördern, die der Rasse eigen sind – aus Liebe, aus Freude, aus Achtung vor dem historischen Erbe dieser Rasse. Entsprechend sorgfältig wählen wir die Zuchtpartner, entsprechend umsichtig stellen wir das Umfeld für die Zeit der Welpen bis zur Abgabe an den neuen Besitzer bereit und entsprechend hilfsbereit sind wir bei Fragen und Problemen während des ganzen Hundelebens. |